Ältere Menschen sind stark betroffen vom Klimawandel mit zunehmenden Hitzewellen und ältere Frauen sind es ganz besonders. Weshalb das so ist, war an der öffentlichen Veranstaltung der Grauen Panther Nordwestschweiz vom 5. Mai 2025 zu erfahren.
Nicht nur in den USA, auch in der Schweiz ist es schon fast gefährlich von der Klimaerhitzung zu reden, da ein erheblicher Teil der Öffentlichkeit davon nichts wissen will. Darauf machte Moderator Thomas Baerlocher zu Beginn der Monatsveranstaltung in der Kantonsbibliothek Baselland, Liestal, aufmerksam. Eingeladen hatte er Rosmarie Wydler-Wälti, Co-Präsidentin der KlimaSeniorinnen Schweiz, sowie Martina Ragettli vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut.
Verletzte Menschenrechte
In freier, bewundernswert souveräner Rede schilderte Wydler-Wälti den langen Weg von der ersten Klima-Klage 2016 bis zum Sieg vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte am 9. April 2024. Vor gut einem Jahr stellten die Richterinnen und Richter in Strassburg nicht nur fest, dass die Schweiz die Menschenrechte verletze, indem sie nicht das Nötige gegen den fortschreitenden Klimawandel unternehme. Sie rügten zudem die eidgenössischen Behörden und Gerichte dafür, dass sie den KlimaSeniorinnen das rechtliche Gehör verweigert hatten.
Nach ihrem Sieg habe sie geglaubt, ihr Kampf sei nun zu Ende, sagte Rosmarie Wydler-Wälti – ein Irrtum. Denn die Eidgenössischen Räte setzten anschliessend nicht etwa zu einer Diskussion über Klimaschutz an, sondern empörten sich vor allem über die «Einmischung fremder Richter» in die hiesige Politik. Die KlimaSeniorinnen gäben nicht auf, sagte die Referentin, aber sie hofften doch, irgendwann überflüssig zu werden.
Weshalb nur Seniorinnen und nicht auch etwa Männer oder Kinder? Wie Wydler-Wälti ausführte, können in der Schweiz nur Bevölkerungsgruppen vor Gericht ziehen, die von einem Thema «besonders betroffen» sind. Die statistisch belegte besondere Betroffenheit der älteren Frauen vom Klimawandel habe ihnen die «Klage-Befugnis» gegeben.
Während hierzulande Ablehnung vorherrscht, hat das Strassburger Urteil internationale Auswirkungen. Und die britische BBC wählte Rosmarie Wydler-Wälti zu einer der 100 einflussreichsten Frauen weltweit – als einzige Schweizerin.
Stark gefährdet ab 75 Jahren
Die Durchschnittstemperaturen in der Schweiz sind seit Ende des 19. Jahrhunderts um durchschnittlich 2.9 Grad gestiegen. Hitzewellen sind häufiger und intensiver. Die Schneetage haben im Unterland um 50% abgenommen, auf 200 Meter Höhe um 20%. Das Volumen der Gletscher ging um 65% zurück. Diese Fakten präsentierte die Wissenschaftlerin Martina Ragettli. Hitzetage mit mehr als 30 Grad Celsius und Tropennächte (nicht unter 20 Grad) nehmen zu und ein Ende ist nicht abzusehen.
Die Auswirkungen von Hitzewellen betreffen alle Menschen, machen sie aggressiv, belasten das Herz, wirken sich auf Schwangerschaften aus. Besonders betroffen sind jedoch über 75-Jährige. Vorerkrankungen an Herz und Lunge, Nierenschäden, Diabetes oder Parkinson verschärfen sich durch die eingeschränkte Wärmeregulation. Zudem nehmen Ältere die Hitze weniger gut wahr als Junge, haben weniger Durst und die Wärme-Abgabe über die Haut ist erschwert.
Dass ältere Frauen stärker leiden als Männer, ist erwiesen. Weshalb das so ist, muss noch gründlich erforscht werden. Einerseits dürfte es an der unterschiedlichen Wärmeregulierung liegen, andrerseits werden hormonelle Einflüsse vermutet. Auch ist das Herz-Kreislauf-System von Frauen empfindlicher gegenüber Hitzestress.
Seit der extremen Hitzewelle von 2003 mit Zehntausenden von Toten in Europa wurde viel unternommen. Eine Katastrophe dieser Art gab es nicht mehr. Doch die Ursachen bestehen weiter.
Die Grauen Panther sind besorgt
Die Besucherinnen und Besucher fanden auf ihren Plätzen den Entwurf einer Resolution. Darin heisst es, die Grauen Panther seien besorgt über Rückschritte im Klimaschutz. Die Schweiz erfülle nicht die Verpflichtungen des Pariser Klimaschutz-Abkommens.
Am Schluss des Dokuments heisst es: «Für die Grauen Panther ist Klimagerechtigkeit ein wichtiges Element ihres Engagements. Am stärksten leiden jene Länder und Bevölkerungsgruppen unter den Folgen der Klimaerwärmung, die am wenigsten dazu beitragen. Anpassungsstrategien in den Städten sind dringend und müssen sozial gerecht finanziert werden.» Der volle Wortlaut ist diesem Bericht beigefügt.
Die Resolution wurde mit starkem Applaus gutgeheissen.
Heinz Weber
Bildlegende: Thomas Baerlocher, Martina Ragettli und Rosmarie Wydler-Wälti in der Kantonsbibliothek in Liestal (von links).
Foto hw
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